Wie im Rausch

Reinhold Weinmann von der Galerie Grandel zeigt unter dem Titel „Lucky Space III“ Werke des Karlsruher Künstlerehepaars Nicole Daudert und Jochen Schambeck.

Das Künstlerpaar Nicole Daudert und Jochen Schambeck, er 1964 geboren, sie zwei Jahre jünger, lebt und arbeitet in Karlsruhe, aber nicht im gleichen Atelier. Soviel Distanz muss sein. Das zeigt auch die Ausstellung, es ist die dritte gemeinsame bei Reinhold Weinmann. Er ist der Brachiale, sie die zögernde, in nicht hinterfragbare Sensationen Verstrickte. Das Unsagbare zu etwas Fertigem zu verdichten ist eine Kunst, die gelernt sein will. Dauderts an der Begegnung mit der gelebten Wirklichkeit, an Landschaft und Stimmung geschulte Malpraxis kann das. Geschichten werden erzählt, ihr Inhalt aber nicht verraten. Sie malt schnell, verbindet Ordnung und Vielfalt, das Feste und das Fließende, zeigt und streicht gleich wieder durch. Irgendwann ist die Reise über die Bildfläche zu Ende. Dann ist das Bild fertig. Das Rätsel aber bleibt.
Was die Taten und Wirkung der bis zur schieren Buntheit eingesetzte Farbe angeht, lässt sich Jochen Schambeck nichts vormachen. Farbe als haptisch eingesetztes Material, in dicken Batzen rüde auf die einfarbige Malfläche geworfen, mit Pinsel und Hand hineingearbeitet, durch Drippings belebt und durch bewusst gesetzte Linien großzügig zusammengehalten – was schon manchen zu der (falschen) Assoziation „Blumenbilder“ verleidet hat. Ein hochgemuter Brutalismus wird hier sichtbar. Die Wirkung: dramatisch trotz des handlichen Formates. Der monochrome Bildgrund neutralisiert die Unruhe der Malerei, liefert die Pausen und die Ruhezonen für das Auge- „Lay out“, Entwürfe nennt Farbfreak Jochen Schambeck die auf 2019 datierten irritierenden Bilder.

Sigrid Feeser, RHEINPFALZ, 17.3.2020

 

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TATORT ATELIER

…… vor einem leuchtend grünen Hintergrund ein Tisch mit weißer Platte, rustikalem dunklen Unterbau, der auf merkwürdige Weise bestrahlt scheint. Kein Raum, keine Hinweise, das Grün verliert sich im unteren Drittel wie weggeschwemmt und gibt die Sicht frei auf eine durchscheinende Fläche, eine hintere Schicht, die verhängt wurde.
Relativ nüchtern beschreibt Nicole Daudert heute die Entscheidung von damals, sich in der Malerei auf das zu konzentrieren, was unmittelbar vor ihr war: Sie wusste nicht, was sie malen sollte. Es gab ja schon alles. Also nahm sie das, was da war.
Der Tisch ist für sie schon immer ein wichtiger Arbeitskollege im sonst eher einsamen Schaffen als Malerin. Ein Gegenstand, mit ganz praktischen Funktionen, wie Ablagefläche, Erhöhung. Man kann etwas ablegen, etwas ausbreiten. Sich einen Überblick verschaffen. Eine Arbeitsfläche einrichten. Doch erschafft er auch einen Ort der Anziehung. Der Tisch bietet Gelegenheit für eine Pause. Eine Besprechung, oder ein Gedankenspiel… ein Ort der strategischen Kreativität und Planung. Ein Ort der Möglichkeiten.
Und so fügt es sich, dass der Tisch, der eine zentrale Arbeit dieser Ausstellung darstellt, Ausgangspunkt werden soll, für Nicole Dauderts Malerei und die malerische Erforschung ihrer Umwelt.  
Es folgen malerische Studien ihrer Ateliersituation. Das Atelier wird vom Ort der Tat zum Tatort, zum Objekt einer Untersuchung……Das Atelier als Faszinosum. Werkstatt, Labor und Wunderstube in einem, in dem irgendwo zwischen Pragmatismus und Virtuosität die Dinge geschehen, die im besten Falle zu Kunst führen…..
Es sind diese Dinge, die für Nicole Daudert direkt und indirekt zum Sujet werden, als sie beginnt, die Trennwände zu malen, mit denen die Ateliernachbarn ihre Arbeitsplätze abschirmen. Die Wände, die Marker für „hier ja“, „hier nicht“… „hier gehen“, „hier stehen“… Es beginnt ein ästhetischer Diskurs über die Eigenheiten des Ateliers in dessen Zentrum stets Fläche und Farbe als Informationsträger für bauliche aber vor allem atmosphärische Eigenschaften ihres Umfelds stehen. Aus dieser Auseinandersetzung mit ihrer räumlichen Umgebung erwächst Dauderts malerische Position in zunehmender Freiheit.
Größer werden die Abstände zwischen ihr, ihren Sujets und dem Augenblick der Malerei. Ihr Blick wendet sich nach draußen in die Natur. Es entstehen kleine Formate, wie Schnappschüsse. Manche von ihnen wie Makroaufnahmen biologischer Studien, andere Landschaftsbilder.
Es scheint plötzlich, als würde sie nun andere Zeitspannen malen. Als wäre ein Bild die Erinnerung an einen Spaziergang oder eine Reise, nicht die an eine Perspektive. Ihre Malerei löst sich von unmittelbaren Vorlagen. Sie wird eigenständig, entwickelt eigene Präferenzen und Bedürfnisse. Ordnet sich weniger den Gegebenheiten unter und gewinnt an Abstraktion.
Der Ort weicht der Zeit als Leitmotiv ihrer künstlerischen Arbeit und der Prozess des Malens selbst rückt in den Vordergrund. Nicole Daudert malt schnell. Die Farbe kann gar nicht schnell genug trocken werden, sagt sie. So nimmt auch die Körperlichkeit Einzug in ihre Bilder. Bewegungen, Gesten werden für sie zum Ausdrucksmittel. Den Flächen stehen nun organische Formen und Linien gegenüber, die dennoch nichts an der für Nicole Daudert so typischen Klarheit verloren haben. ….

Auszug aus der Eröffnungsrede von Paula Kohn zur Eröffnung der Ausstellung "Tatort Atelier"
in der Galerie Klinger and me am 22.3.2019

 

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Visionen

......Sich dem Duktus ihrer Handschrift versichernd, folgt Nicole Daudert ihren ersten Regungen, um diese im nächsten Schritt wieder zurück zu nehmen, zu korrigieren oder zu verwerfen. Ihre Malerei eröffnet ein vieldeutiges Spannungsfeld zwischen rhythmischer Geste und losgelassener Farbe. Hier erschafft das Zufällige Lineaturen und sogar nahezu Gegenständliches. Zwischen gewischtem Farbauftrag sowie sich ausdehnenden Verbänden von Farbflächen entwickelt Daudert jenes Repertoire der Ausdrucksformen, welches sich unserem unmittelbaren Zugriff zu entziehen vermag. Wir sehen beseitigte Spuren, sowie überdeckte Gewissheiten und dennoch einen konservierten Schaffensprozess.

In einem offenen Spektrum zwischen pastellig durchlichteten Farbakkorden, reiner Farben und atmosphärischer Lasur verdichtet sich diese erfahrbar konkrete Malerei zu Werkfindungen von verführerischer Anziehungskraft sowie rätselhaft, tiefenräumlicher Wirkung. Eine Anziehungskraft, die das Ungewisse in Form und Geste überwindet sowie die versammelte Kraft des Arbeitsprozesses durchdringt.

Gleichzeitig durchschimmernd, sich gegenseitig hindurchlassend oder auch verbergend, verdichten sich die Setzungen zu einer dem Werk eigenen Semantik. Außerwerkliche Verweise oder gegenständliche Bezüge hat Daudert mit dieser neuen Werkgruppe vollständig verlassen. Im Vordergrund steht für die Künstlerin, sich selbst im Verlauf des Schaffensprozesses den Bildraum zu eröffnen. Die durchscheinend oder überlagernd aufgetragene Farbe wird zu einem Aufdecken. Eine Formfindung entspringt spontan ihrem Arbeiten....... Das Zudecken, das Farbe gewöhnlich auf einem Malgrund bewirkt, bei Daudert wird es zugleich zum Entdecken eines ambivalenten Vorgangs der Bildwerdung, der sich zwischen intuitivem Gestus und Ziel gerichteter Formsetzung sowie Kompositionsfindung entfaltet. Als sei das Werk ein Fenster drängen sich an- und abschwellende Linienverläufe, wolkige Himmel und bewegte Formverläufe über die Bildflächen und scheinen über diese hinaus zu wollen. Die Leinwände, sie erscheinen seltsam lebendig, lassen sich wie durchlässige Membranen beobachten, in denen sich die gewischten oder gekehrten Gesten nach den Gesetzen einer sinnlichen Osmose gegenseitig durchdringen. Auch diese neue Mallust spürt jenen Vorstellungswelten nach, die aus den Tiefen des Unterbewusstseins und der Erinnerung an die Oberfläche drängen.

Dauderts Malerei entspringt immer wieder auch der Verinnerlichung von natürlichen Erscheinungsformen. Ihre Arbeiten erscheinen dann als Resultate eines zurückhaltend, erzählerischen Experiments, sich in abstrahierten Fragmenten die natürlichen Gefüge unserer Lebensräume zu vergegenwärtigen und sich gleichzeitig davon zu befreien. Denn ohne künstlerisch imitierendes Zitat von Landschaft verfasst die Künstlerin aus den gelebten Begegnungen mit der Wirklichkeit und der dinglichen Zergliederung des Gesehenen vitale Bildererlebnisse. Es entstehen organisch anmutende Formationen, die Geschichten erzählen können und doch ohne gegenständliches Bedeutungsgehalt für sich selbst stehen. Mit archäologischem Spürsinn gräbt Daudert in den Sedimenten ihrer Erfahrungen und Erinnerungen. Damit sind ihre Motive nicht unmittelbar landschaftliche Konzentrate, vielmehr handeln sie von dem Licht und der Hitze der Sonne, von Nähe und Ferne, vom Ungefähren im Licht der Dämmerung und vom Ende einer eindrücklichen Reise. Sie spielen mit Wahrnehmungsphänomenen und Farbpsychologie, mit Vielfalt und Ordnung, mit Flüchtigkeit und Angehaltensein. Schließlich kennzeichnet ihre künstlerische Ausformulierung das an sich selbst beobachtete Reflektieren über das eigene Sein jenseits jeden erfahrenen Ortes. Ihre Werke sind sowohl ein Innen als auch ein Außen.

Im Außen machen ihre Werke die Erfahrung von Wahrnehmung in der Gegenwart deutlich: Mit steigender Geschwindigkeit überlagern und verwischen sich reale und virtuelle, vom Menschen belebte und vom Menschen erschaffene, digitale Räume. Heute sehen und beobachten wir nicht mehr unsere Umwelt an sich, sondern Abbilder einer Welt, die ein Bildschirm für uns erzeugt. Die Wirklichkeit verschwindet als Ereignis. Sie wird zur variabel kontrollierbaren Nachahmung ihrer Darstellung. Dagegen erschafft Dauderts optischer Reichtum ein Staunen über das sinnliche Erleben von Wirklichkeit. Hier wird uns die Energie einer Malerei zur Kenntnis gebracht, die uns aus unseren vermeintlich sicheren Territorien der Vernunft wegzuführen versteht. Durch feinfühlig aufgebaute Farbqualitäten werden wir in immaterielle Räume geführt, in denen Fragen nach der Gewissheit unserer Seherfahrung an Bedeutung gewinnen. In letzter Konsequenz jedoch wahren sich diese Werke die Aura des Geheimnisses.

All diesen Bildern ist ein Dazwischen gemeinsam. Das Dazwischen ist jene Spielwiese und der Erfahrungsbereich dessen, den wir mit unserem Interesse füllen können: der Bereich voll von Neugier, der vagen Entdeckungen sowie des bewussten Erkennens. Mit ihren ganz eigenen Zeichensetzungen bewegt sich die Malerei Nicole Dauderts in diesen Grenzräumen. Es ist die Erfindung einer Bildsprache ohne verabredete Bedeutungen. Ihre Lesbarkeit liegt somit in einer vieldeutigen lyrischen Vermittlung und kennzeichnet die Welt als subjektive Wirklichkeitserfindung. .....

Auszug aus der Eröffnungsrede von Reinhold Weinmann, Kunsthistoriker und Galerist,
zur Ausstellung "Nicole Daudert - neue Arbeiten - Malerei" in der Galerie Grandel in Mannheim vom 11.11.2017 - 16.12.2017

 

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EIN GRAU AUS REGENBOGENFARBEN


Es lässt sich nur vermuten, dass hinter allem der anspruchsvolle Vorsatz steckt, den Regenbogen vom Himmel zu holen und auf Leinwandstoff zu bannen, dass auf dem langen Weg vom Horizont ins Atelier jedoch konkrete Formen verloren gehen, besser gesagt absichtlich  verworfen werden. Schließlich hat man auf der Strecke genug Zeit, sich über neue Ausdrucksformen Gedanken zu machen.
Nun ist es ja Aufgabe des Künstlers Sehgewohnheiten zu hinterfragen, nur führt dieser Vorsatz bei Nicole Daudert einerseits zu eindeutig gelungenen Regenbogenumgestaltungen, andrerseits zu schmutzigen Grau-Flächen. So wie auch bereits Woodstock 1969 in einem riesigen Schlammbad endete, fließen die Farben manchmal in unkontrollierten Bahnen senkrecht die Leinwand hinab, weil Daudert ihnen keine Zeit lässt zu trocknen.
So malt ein Abkömmling der Ära Kohl, sagt sie, der keine Zeit hat, flüchten will aus der bräsigen Bundesrepublik der Achtziger. Nicht einmal ihr Studium in Karlsruhe hat sie abgeschlossen, stattdessen hat sie es 1992 mit 26 Jahren als erste Vertreterin der Karlsruher Akademie an „de Ateliers“ geschafft, diesem weltweit anerkannten Künstlerinstitut. Ihre Malweise kann sie sich jedenfalls nicht mehr abgewöhnen.
Und Farbe mischt der Mensch ja auch sonst gern freiwillig. Zum Beispiel bunte, viel zu zuckrige Inhaltsstoffe, Sirupe, Säfte und Alkoholisches, zu einer grauen Substanz namens „Zombie“, einem Cocktail, der wegen seiner Färbung und verheerenden Wirkung so genannt wird. Auch bei diesem darf man sich nicht über Kopfschmerzen wundern, sondern muss es handhaben wie Nicole Daudert, die zu bedenken gibt, dass es vielleicht gerade die unsauberen Teile sind, die am meisten sie selbst darstellen. Es ist eben kein vorgefertigtes Grau aus der Tube, sondern eines, das aus zu vielen Regenbogenfarben besteht. Ein Spaziergang von hier zum Horizont wäre genau richtig, um sich darüber Gedanken zu machen. Startplatz ist ab sofort die gallery artpark, wo ihre Bilder unter dem Titel „Der andere Oer“ ausgestellt werden.


Sebastian Späth, Badische Neuste Nachrichten, 01.07.2015
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Presseartikel zur Ausstellung "Der andere Ort" in der gallery artpark in Karlsruhe

 

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COLOURNOCOLOUR

Nicole Daudert präsentiert uns Zeichnung und Malerei. Der von ihr referierte Ausdruck der “andere Ort” ist ein Schlüsselbegriff bei der Betrachtung ihrer Werke. Der “andere Ort” bezeichnet einen Ort mit eigenen Gesetzmäßigkeiten, eine Parallelwelt, deren Offenbarung von einem selber, der eigenen Wahrnehmung abhängt.
Orte sind für Nicole Daudert Ausgangspunkte für Bilder. Deren Kreation hat etwas mit Stimmungen auch Emotionen zu tun, und auch mit der Zeit und den Umständen, in denen sich Daudert während des Schaffensprozesses befindet.

Farben werden in Dauderts Arbeiten zu Räumen und zu Orten, man hat das Gefühl tatsächlich an andere Orte zu gelangen, die sich erweitern und vertiefen, je länger man vor den Bildern weilt.
Die Acrylgemälde sind der Endzustand eines Prozesses, der auf Farbschichten aufbaut. Es sind viele Bilder notwendig, bevor das letzte entsteht, das bleibt. Sie malt erst dann weiter, wenn der jeweilige Abstand groß genug ist, um unvoreingenommen und neu sehen zu können: „Ich male erst dann an einem Bilder weiter, wenn ich es vergessen habe“ sagt sie.

Sie reagiert beim Weitermalen auf das, was sie vorfindet, was sie vormals hat stehen lassen. Es ist ein intuitiver Prozess bei dem die Spannung und Atmung von Farbe und Form im Vordergrund stehen, manchmal aber auch der Zufall von zerfließenden Farbspuren zugelassen wird.

Die Auseinandersetzung mit Landschaft steht auch bei Nicole Dauderts Zeichnungen im Vordergrund. Diese entstehen aus der Erinnerung an Ausflugsziele in die Natur, gelegen in Landkreisen, auf die die Titel mit Nummerierungen verweisen, in diesem Fall Kraichgau und Schwarzwald. Dauderts Zeichnungen sind hierbei realistischer als ein Foto, insofern sie Innerlichkeit festhalten, und Stimmungen in Bildspuren umwandeln.

Christine Reeh, Auszug aus der Eröffungsrede zur Ausstellung COLOURNOCOLOUR // Peters + Daudert in der Galerie Preview Süd, Karlsruhe im November 2013

 

 

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Unterwegs in neuen Welten

In der Galerie Grandel ist die Farbe ausgebrochen, da ist man gleich heiter gestimmt. Es sind rauschhaft aufleuchtende Farben, die sich auf assoziative Weise ihren Weg suchen in den brandneuen Bildern von Nicole Daudert, dabei ein reich instrumentiertes, räumlich bewegtes Drunter und Drüber entfalten. Der von der Künstlerin gegebene Hinweis auf die Farbpsychologie mag durchaus eine Hilfe sein. Muss es aber nicht. Hier geht es um gemalte Gefühle und Stimmungen, um „Räume des Lichts und der Farbe“. Sie erinnern, so Daudert, „an Zooms in neue Welten oder an Orte, die man nur im Traum durchstreift“. Das kann man so stehen lassen, über das schöne Reich des im Bild gebändigten Ungefähr lässt sich nicht rechten. Im Beiprogramm rasch hingeworfene Reiseskizzen von durchaus eigenem Reiz.

Sigrid Feeser, RHEINPFALZ, 8.März 2013

 

 

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Schönste Farbträume

Lebhafte, frische Farben, von Rosa über Hellgrün zu Gelb, dann Rot und Blau, winden sich in floralen Formen durch den Raum der Mannheimer Galerie Grandel. Lianen, aber auch an Blätter erinnernde Muster treffen sich wie von alleine zu einem fröhlich-munteren Stelldichein. Das Leben in und mit der Natur selbst scheint angesprochen zu sein auf den Gemälden von Nicole Daudert.

Die 1966 geborene Künstlerin, die an der Akademie in Karlsruhe studierte und etliche Preise und Stipendien erhielt, malt mit Acryl abstrakte Bilder. Auf ihnen überlappen sich häufig die Farben, öffnen sich Farbräume auf der nun mal nur zweidimensionalen Bildfläche, entstehen durch Wischen, Tropfen und Laufenlassen fremde, nie gesehene Orte.

Rauschhafte Bildwelten

Im realen Leben gehen den Arbeiten Skizzen, häufig auf Reisen entstanden, voraus, aber was dann entsteht, sind Träume, Farbträume. Am schönsten kann man das in den kleine Gemälden im Hauptraum sehen, die dicht in einer Reihe hängen: Da scheinen sich die Themen und Farben zu überlagern, obgleich jedes der organisch-abstrakten Motive in sich abgeschlossen ist, kommt der Eindruck des einen Bildes zum nächsten dazu, wird aus der Summe der einzelnen Werke ein einziger großer Farbrausch.

Das große Gemälde "Fukushima" von 2011 allerdings scheint viel zu harmlos, viel zu farbenfroh und munter für den Titel. Die Künstlerin meint zwar mit der großen Fläche Rot das Blut anzusprechen, das durch die nukleare Katastrophe in Japan vergossen worden sei, aber die Zahl der Toten allein ist nicht das Problem von Fukushima, dazu kommt die atomare Verstrahlung der Bevölkerung und der Umwelt. Man möchte ihr raten, in Zukunft auf zu schwere Titel zu verzichten.

Man kann das Gemälde aber gut zum Vergleich mit den kleinen Werken aus diesem Jahr heranziehen: Heute geht sie weg von klaren Linien und abgemessenen Farbflächen hin zu offener Gestaltung und ganz freiem Strich.

Dr. Susanne Kaeppele, Mannheimer Morgen, Samstag, 02.03.2013

 


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Vom Purismus zum Barock
Aktuelle Arbeiten von Künstlern der Galerie Grandel

 Minimalistische Gefäßformen und üppige Farbstillleben, fließende Farbräume und geometrisch-abstrakte Zeichen, dazu expressive Interieurs hängen in den Räumen der Galerie Grandel mit gelassener Selbstverständlichkeit nebeneinander. In ihrer ersten Repertoire-Ausstellung zeigt die Galerie Nicole Daudert, Jürgen Liefmann, Marita Matthek, Jochen Schambeck und Hinrich Zürn als Künstler und Künstlerinnen ihres vielseitigen Programms.

Obwohl die Künstler sehr unterschiedlich wirken, eint sie doch ihre künstlerische Absage an den Realismus, und so setzen sie ihre Wahrnehmungen und Erfahrungen in vom Gegenstand losgelöster Farbe und Form um. Dabei vertreten ihre Kunstwerke verschiedene Grade der Abstraktion, die vom abstrahierten Naturvorbild bis zum Konstruktiven reichen.

Nicole Daudert (1966) lässt in ihren mit dünnflüssiger Acrylfarbe auf breiformatige Leinwand gemalten Kompositionen bei allem Gestischen und Abstrakten Pflanzenblüten und organisch Verschlungenes erkennen.

Jürgen Liefmann (1953) malt dagegen mit Gouache auf Papier ein Geflecht aus sich zunehmend verdichtenden, farbigen Linien, die kaum an Pflanzliches in der Natur gemahnen. Eher bilden sie ein abstraktes Netz von räumlicher Dimension.

Um Raum geht es auch in den puristischen Acrylbildern von Marita Mattheck (1950), die mit schwarzen Balkenformen auf weißem Grund monumentale Zeichen für Leben und Tod setzt.

Von überbordender, den Bildrahmen sprengender Üppigkeit sind die Arbeiten von Jochen Schambeck (1964), die zwischen den Gattungen Malerei und Plastik angesiedelt sind. Mit voller Wucht schmeißt er Ölfarbe direkt aus dem Farbeimer von einer Leiter auf den am Boden liegenden Bildträger, und die Farbe verteilt sich mit der kraftvollen Bewegtheit des Barocks auf dem Träger. Sinnlich-bunte, mit eingearbeiteten Metallpapieren fast ins Kitschige abgleitende, reliefartige „Stillleben“ sind das Ergebnis seiner Wurfaktionen.

Interieurdarstellungen von Hinrich Zürn (1970) beschließen den Reigen von rhythmisch gehängten Exponaten in der Ausstellung: Nach Abbildungen von Inneneinrichtungen des französischen Stardesigners Philippe Starck, der die Privaträume des ehemaligen Staatspräsidenten Mitterand im Pariser Elisée-Palast entworfen hat, malt der Heilbronner Künstler Interieurs. Er löst den Gegenstand der Vorlage auf und lässt ihn in einer abstrahierten, farbigen Komposition aus Raum und Fläche aufgehen.

Dr. Martina Kitzing-Bretz, 2012

 

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"Opulente Farbstillleben"

"Gespritzt und gedrückt sind die pastosen Farbkompositionen von Jochen Schambeck (1964), gemalt und gegossen die dünnflüssigen Landschaftsräume von Nicole Daudert (1966). Beide Künstler stellen, obwohl sie schon lange ein in Karlsruhe zusammen lebendes Paar sind, zum ersten Mal gemeinsam im Wasserschloss aus.

Überrascht sei sie gewesen, so berichtet Nicole Daudert in dem Künstlergespräch mit Reinhold Weinmann von der Galerie Dr. Grandel, dass sich beim Hängen der Ausstellung so viele Gemeinsamkeiten zwischen ihrer und Jochen Schambecks Kunst ergeben hätten. Und das, obwohl ihre Arbeiten kaum gegensätzlicher wirken könnten. Die Parallelen liegen in der Farbigkeit und reichen aus, einen Ausstellungsraum dem Thema „Paar“ zu widmen. Hier hängen friedlich ein überschäumendes „Splash Out“ von Schambeck und ein ruhiges Fließen einer unbetitelten Malerei von Daudert nebeneinander. Schmeißt der eine schon einmal von einer Trittleiter aus Farbe auf den am Boden liegenden Bildträger, nimmt die andere höchstens einmal einen Fön zur Hand, um dem Farbfluss eine bestimmte Richtung zu geben. Die Schüttungen und die Malerei mit dem Pinsel gehen ihr ruhig von der Hand, und die fließenden Linien bilden eine Art Gerüst, das die Komposition trägt. Diese besteht aus großzügigen Farbflächen, die Landschaft oder Pflanzen andeuten und sich auf der Bildfläche zu bewegen scheinen. Das extreme Format ihrer Bilder führt die Künstlerin auf traditionelle ostasiatische Tuschmalerei oder Kalligraphie auf chinesischen Rollenbildern zurück.

Vermittelt die Malerei Dauderts durch sich überlappende, transparente Farbflächen einen Raumeindruck, sind die Arbeiten von Schambeck tatsächlich plastische, dreidimensionale Gebilde. Mit seinen orgiastischen Kompositionen aus Ölfarben, die er mit seinen Händen zu expansiven Reliefs knetet, überschreitet er die Grenze der Malerei und betritt die Gattung der Bildhauerei. Dass es dem Künstler, der genauso wie Daudert an der Kunstakademie Karlsruhe studierte, um das Prozesshafte der Kunst geht, machen seine Objekte deutlich: Eingearbeitet in die Farbströme und --ballen sind Handschuhe, Farbtuben oder andere Gegenstände des Arbeitsprozesses. „Rigoros und schonungslos“ nennt er seine Malerei, die er nur scheinbar gänzlich der Schönheit des Zufalls überlässt.

Dr. Martina Kitzing-Bretz zu "Lucky Space // Farbtransformationen-MalereiDialog zwischen Jochen Schambeck und Nicole Daudert", Galerie Roland Grandel, Wasserschloß Bad Rappenau, 2010

 

 

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„Der andere Ort“, Brückenraum der Stadtbibliothek Karlsruhe, 2008

Die durch ihre expressiven Farbräume bekannte Künstlerin Nicole Daudert zeigt in ihren neuen Arbeiten nur vordergründig ein klassisches Sujet der Malerei. "Der andere Ort“ faßt thematisch Arbeiten zusammen, die sich mit Landschaft auseinandersetzen.

Auf der einen Seite stehen die Zeichnungen, die im Zusammenhang mit einer durchgeführten Aktion wieeiner Wanderung, Stadtbesichtigung, Autoroute etc stehen. Eine Ebene der Zeichnung beschäftigt sich mit der Route. Die Wegstrecke wird entweder im Voraus geplant oder im Nachhinein durch Abpausen des Wegverlaufes von einer Landkarte reflektiert. Die zweite Ebene beschäftigt sich mit der Erinnerung an die gelebte Landschafts bzw Stadterfahrung. Die in der Zeichnung fixierte Erinnerung wird mit der Planung gepaart und zu einem Bild kombiniert, das eine Ortsbegehung an einem fremden Ort durch zwei unterschiedliche Ebenen der Wahrnehmung umklammert.

Auf der anderen Seite steht die Malerei, die Landschaftssituationen durch den Einsatz von Farbe und Form entstehen läßt. Hier durchmischen sich die Ebenen der einzelnen Entstehungsschichten bis sich neue Formationen ablesen lassen und malerisch ausformuliert werden. Die räumlichen Situationen erinnern an Zooms in neue Welten oder an Orte, die man nur im Traum durchstreift.Entstehen die Zeichnungen aus der Auseinandersetzung mit einem realen Ort, meistens auf Reisen, finden sich die Gemälde im Atelier mit dem Blick auf einen Ort, der sich physikalisch nicht beschreiben läßt, speist er sich doch mit Erinnerungen und Gedanken an Stimmungen und Situationen um vordergründig als Landschaft an die Oberfläche zu tauchen.

„Der andere Ort“ reflektiert über das Medium Bild nicht nur das physikalische Reisen, sondern zeichnet auch das Reisen durch den eigenen Kopf auf.

 

 

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"Aus den Linien, Rechtecken und Formkontrasten lässt sich das jeweilige Werk sowohl gegenständlich als auch abstrakt sehen.
Die Farbexpressionistin, wie sie sich selbst nennt, hatte vor Jahren angefangen "die Dreidimensionalität des Raumes durch Farbe zu ersetzen." Die Farbräume, die Nicole Daudert schafft, basieren auf einer subjektiven Auswahl.
Dr. Matthias Brück, der eine Einführung in die Ausstellung unternahm, sprach von einer "optischen Geschlossenheit", die den ersten Blick des Betrachtenden anhalte. Wer danach wegschaue, habe etwas verpasst. Denn plötzlich begännen die Farben etwas ins Werk zu setzen. Obgleich in einem spartanischen Formen-Kontext aus Rechteck und Quadrat eingebunden, entfalten die Farben Wirkungen,würden aktiv und gestalteten Räume...."

Stefan Endlich, 2001, Presseartikel zur Ausstellung Daudert+Fieg-Pavlik in der Galerie Altes Rathaus in Wörth am Rhein

 

 

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"Nicole Daudert hat sich in ihrer Malerei mit Acryl auf Baumwolle einem strengen Reglement unterworfen. Ob "Raumbilder", "Konstruktionen" oder "Fensterbilder", das gemeinsame Thema der jetzt in der Kunststiftung Baden-Württemberg ausgestellten Arbeiten ist die Flächenorganisation aus rechteckigen Farbfeldern in immer den gleichen gebrochenen Pastelltönen ... Die dabei entstehenden räumlichen Verhältnisse lassen erkennen, daß Daudert die Gesetze der Zentralperspektive ebenso ins Kalkül zieht, wie die der räumlichen Wirkungen von Farbbeziehungen. Der Betrachter wird dazu verführt,Wege durch das Bild zu suchen, gerät aber immer wieder in räumliche Sackgassen.
Die vertrackte Mischung von Drei- und Zweidimensionalität ist das Prinzip, das auch bei den als "Fenster" apostrophierten kleinen Formaten den logischen Ausblick versperrt..."

Stuttgarter Zeitung, 2000, Presseartikel zur Ausstellung Daudert+Ohlmer in der Kunststiftung Baden-Württemberg in Stuttgart

 

 

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"Struktur ist auch nur ein Mittel der Gestaltung"

"De gele rijder", der gelbe Reiter, hieß die erste Galerie, in der Nicole Daudert ausstellte. Der Name klingt nach später Anspielung auf die Künstlergruppe "Der blaue Reiter". Die ist längst über alle blauen Berge, und mit dem expressionistischen, von der Suche nach Ursprünglichkeit geprägten Grundzug der Gruppe um
Wassily Kandinsky und Franz Marc hat die Malerei der 31jährigen ebenfalls wenig gemein.
Und doch passt das mit dem "gelben Reiter". Denn Gelb in unterschiedlichen Anmischungen ist ein wichtiger Farbton in der Palette der Künstlerin...
Gelb ist aber nicht nur ein Ton im Zusammenhang mit anderen meist monochrom aufgetragenen, kräftigen Farben, die Farbe gelb ist auch Instrument, Hilfsmittel, um die einzelnen, geometrisch konturierten Flächen....zusammenzufassen. ...
Malerische Wirkung ist hier eindeutig als bestimmte handwerkliche Technik gekennzeichnet. Malerische Sruktur ist nicht Ausdruck eines wie auch immer gearteten künstlerischen Ringens....sondern ist das Ergebnis bestimmter Methoden, die zum Resultat "Bild" führen.

Michael Hübl, Badische Neueste Nachrichten 1998, Presseartikel zur Ausstellung in der Galerie von Tempelhoff in Karlsruhe

 

 

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Beeinflußt von der niederländischen Stilleben-Malerei und der zeitgenössischen Malerei niederländischer Künstler, intensivierte Daudert den Blick auf alltägliche Dinge, auf Gegenstände, die sie in ihrer Umgebung und besonders in ihrem Atelier vorfindet....
Dabei werden bestimmte, dem Gegenstand eigene Strukturen gewahr, wie vor allem die formale Beschaffenheit des Objekts: dessen richtungsweisende Dreidimensionalität oder Flächigkeit, Volumen und
Hohlraum, bei Behältern und Gläsern auch das Verhältnis von Innen und Außen, und nicht zuletzt auch die Reflexionen des Lichts auf der Oberfläche. Dieses rötgenartige Schauen kann, mit Vilem Flusser, als theoretisches Schauen umschrieben werden.... ...
Das Gemälde mit Body und Wasserglas halte ich..... für ein zentrales Bild in der Ausstellung, weil es über den bereits abstrahiert dargestellten Gegenstand hinaus weitere Hinweise und Aufschlüsse über das Verhältnis der Künstlerin zu vorgefundenen Gegenständen und nicht zuletzt auch über die uns allen vertraute Subjekt-Objekt-Beziehungen gibt....
Ihre Malerei lenkt also den Blick auf uns gewöhnliche Gegenstände, die durch den malerischen Akt jedoch verfremdet werden und damit einen erneuten, nun distanzierten und theoretischen Blick auf die Dinge des Alltags ermöglichen, der im Gewöhnlichen und Gewohnten Unerwartetes entdeckt...
Die reale Gegenstandswelt stellt sich im Vergleich zur Medienwelt als scheinbar zeitlose, stille und beharrliche Welt zum Anfassen dar, die wie ein in sich ruhendes Manifest unseres Daseins erscheint und ein Rest von Ewigkeit zumindest auf Zeit wiederspiegelt.
Damit wird deutlich, wie sehr unsere Beziehung zu Objekten an Bedeutung gewinnt - im Alltagsleben wie in der Kunst ....

Dr.Ulrike Lehmann, Auszug aus der Eröffnungsrede zur Ausstellung in der Galerie von Tempelhoff 1998 in Karlsruhe

 

 

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